GEDÄCHTNISLÜCKE
Es gibt keine Augenzeugen für die nächsten Sekunden. Niemand sieht, was passiert. Und einen Moment später steht Claudia Werwie schon wieder aufrecht auf dem Hallenboden, was eigentlich nicht möglich ist, denn ihr Becken sowie der rechte Oberarm sind gebrochen. Doch Adrenalin ist stärker als Schmerz.
Wenn auch nur für ein paar kurze Momente. Daran kann sie sich erinnern.
Wahrscheinlich hat die elfjährige Stute Luana abrupt die Vorwärtsbewegung eingestellt und Claudia Werwie aus dem Sattel gehoben. Warum sie das tat, wird ihr Geheimnis bleiben. Luana steht nach dem vermutlichen Abwurf friedlich in der Reithalle.
Es muss sehr überraschend gekommen sein, denn Claudia Werwie ist keine Amateurin. Mit drei Jahren sitzt sie zum ersten Mal im Sattel und besitzt seit 1997 eigene Pferde. Daher merkt sie auch schnell, dass etwas nachhaltig nicht stimmt. Sie kann nur noch mit dem linken Fuß auftreten und ihr rechter Arm hängt schlapp nach unten. Der Sturz geschieht am Silvesternachmittag 2023 gegen 16 Uhr. Das Timing könnte für eine engagierte Reiterin kaum schlimmer sein.
DENN DER JAHRESWECHSEL MIT RAKETEN UND BÖLLERN BEDEUTET STRESS FÜR DIE TIERE.
„Pferde reagieren sehr sensibel auf die Geräuschkulisse“, sagt Werwie. Könnten die Tiere ihrem Instinkt folgen und wären in der freien Natur, würden sie flüchten. Doch das ist in hiesigen Breiten keine gute Idee.
SO IST ES NICHT UNGEWÖHNLICH, DASS REITER SILVESTER IM STALL VERBRINGEN, UM DIE PFERDE ZU BERUHIGEN.
Claudia Werwie hat seit Jahren die ersten Minuten des neuen Jahres nicht mit ihrem Mann verbracht, denn die drei Pferde des Paars stehen in unterschiedlichen Stallungen. „Wir dunkeln beide die Fenster ab und lassen klassische Musik laufen“, erzählt Claudia Werwie. Wenn die Böllerei abnimmt, kehrt auch wieder Ruhe unter den Tieren ein.
Doch den Start des Jahres 2024 verbringt Claudia Werwie auf einer Station im Klinikum Ansbach, wohin der Rettungsdienst sie gebracht hat. Und es stellt sich heraus, dass ihr Timing dann doch nicht so schlecht ist.
Denn seit Anfang Dezember 2023 leitet der Privatdozent (PD) Dr. Andreas Baranowski die Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Wiederherstellungschirurgie am Klinikum Ansbach. Zuvor wäre ein Beckenringbruch, wie er bei Claudia Werwie festgestellt wird, dort nicht operiert worden. Sie hätte in ein Haus der Maximalversorgung gebracht werden müssen.
Doch in genau so einer Klinik hat Dr. Baranowski über ein Jahrzehnt operiert, bevor er zu ANregiomed wechselt.
MIT SEINEM ARBEITSANTRITT KANN JETZT AUCH EIN SOLCHES VERLETZUNGSMUSTER OPERATIV VERSORGT WERDEN.
Die Kompetenzerweiterung erspart Claudia Werwie die Verlegung in eine weiter entfernte Klinik.
Dr. Andreas Baranowski ist ein Franke mit innerdeutscher Auslandserfahrung: geboren in Nürnberg, aufgewachsen in Münster (Westfalen) und anschließend Hochschulreife in Fürth. Medizinstudium in Frankfurt, erste Assistenztätigkeit an einer Klinik in Hessen und schließlich der Wechsel an das Universitätsklinikum Mainz. Nach elf Jahren wird er dort zum Facharzt für Unfallchirurgie mit einer Spezialisierung auf Schulter- und Ellbogenverletzungen.
Ähnlich wie das Klinikum Ansbach hat auch das Universitätsklinikum Mainz ein sehr großes Einzugsgebiet, das sich über weite Teile des Bundeslandes Rheinland-Pfalz erstreckt. Zum Vergleich:
DER LANDKREIS ANSBACH ALLEIN IST FLÄCHENMÄSSIG FAST SO GROSS WIE DAS SAARLAND.
Und tatsächlich ähneln sich die Verletzungsmuster. Obwohl Dr. Baranowski in Mainz oft „urbane“ Arbeitsunfälle erlebt, wird auch dort der Weinbauer eingeliefert, der sich beim Rebschnitt schwer an der Hand verletzt. In Ansbach sind es eher Unfälle aus der Forstund Landwirtschaft, gerne beim Brennholzmachen. Außerdem behandelt der Unfallchirurg auch Arbeits- und Schulunfälle.
Mit dem Wechsel des 44-jährigen Mediziners zu ANregiomed ist die komplette unfallchirurgische und orthopädische Versorgung noch einen Schritt weitergegangen. Vom Fuß bis zum Kopf sind die folgenden leitenden Mediziner in ihren Spezialgebieten tätig: Dr. Stefanie Kriegelstein (Fuß- und Sprunggelenkchirurgie am Klinikum Ansbach), Dr. Markus Sporkmann (Hüft- und Kniegelenkersatz an der Klinik Dinkelsbühl), Rainald Kiene (Unfallchirurgie und Sportorthopädie an der Klinik Rothenburg), Dr. Viktor Haas (Thoraxchirurgie am Klinikum Ansbach) und Dr. (Univ. Aleppo) Firas Kalaji (Neurochirurgie am Klinikum Ansbach). PD Dr. Andreas Baranowski erweitert das Spektrum der Ansbacher Unfallchirurgie auch durch seine Spezialisierung im Bereich Schulter und Ellbogen.
Claudia Werwies Verletzungsmuster sieht Dr. Baranowski nicht zum ersten Mal. „Oft lassen Reiter die Zügel einen Bruchteil zu spät los und können den Sturz nicht mehr abfangen. Sie fallen dann nahezu ungebremst zu Boden“, sagt Dr. Andreas Baranowski.
„UND DIE HÖHE EINES PFERDES DARF MAN NICHT UNTERSCHÄTZEN.“
Der Unfallchirurg entscheidet, den gebrochenen Oberarm in diesem Fall konservativ zu behandeln, also nicht zu operieren.
Claudia Werwie macht nach ihrem Sturz schnell Fortschritte. Sie wirkt auf den ersten Blick zierlich, besitzt aber eine reitertypische Muskulatur, die eine gute Basis für die Rehabilitation bildet.
WIEDER MOBIL ZU WERDEN, IST DAS WICHTIGSTE ZIEL.
Die ersten Wochen im Jahr 2024 sind kein Zuckerschlecken, doch Claudia Werwie hat einen starken Willen. Und viel Unterstützung durch ihren Mann.
Knapp zwei Monate nach dem Unfall legt sie nach Rücksprache mit Dr. Baranowski die Unterarmgehstützen ab. Ihr Gang ist noch ein wenig wackelig, aber sie läuft ohne Unterstützung aus der Sprechstunde im Klinikum Ansbach. Auch die Oberarmverletzung entwickelt sich gut. Claudia Werwie strahlt.
Es wird noch dauern, bis sie wieder reiten kann. Die Verbundenheit zu ihren Tieren ist aber nie abgerissen, anders wäre es für Claudia Werwie auch gar nicht vorstellbar.
Luana zu bewegen und wieder allein mit ihr über den Reitplatz zu gehen, ist das nächste Ziel.
PFERD UND REITERIN ARBEITEN HART DARAN.